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Tupoelv Experience
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Tupolev

TUPOLEV
EXPERIENCE

von Urs C. Wildermuth

Dieser Artikel von mir erschien im FlightXpress 4/99. Mit freundlicher Genehmigung von FlightXpress

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Take Off. Der Flugingenieur ruft „Normalni Parametri“. Bei 270 km/h beginne ich das Flugzeug zu rotieren. Die Piste beginnt nach links zu driften, also etwas Ruder. Noch etwas mehr. Das Vario zeigt „steigen“ an, also rein mit dem Fahrwerk. Dann der Flugingenieur: „Motor 3, dringend!“. Ich schaue einen Moment weg von den Primärinstrumenten und siehe da, Motor 3 hat sich verabschiedet. Nun ja, mit zwei Motoren steigt es ja auch noch ganz gut. Wir steigen durch 300 Meter, da beginnt hinter mir ein Riesengefluche. Der Flugingenieur versucht es mit „Motor 1, dringend!!!“ zu übertönen aber ohne viel Erfolg... Ich kann es jedenfalls sehen. Auch Motor 1 zeigt kein Interesse mehr an unserem Flug. Die Geschwindigkeit kommt zurück, ich senke reflexartig die Nase und halte V3. „Landeklappen ein“, ich muss es zweimal wiederholen, bis der Copilot, ein Instruktor mit 4 dekorativen Streifen, den Befehl ausführt. Wir sacken etwas durch, aber haben etwa 400 Meter unter uns. Ich beschleunige auf V4, die beste Steiggeschwindikeit ohne Landeklappen. Setze den Pitch exakt auf V4. Und das 90 Tonnen Flugzeug beginnen wieder, zögerlich zu steigen. Der Copilot fragt mich, ob ich weiterfliegen will. Meine Antwort, „nun, wir fliegen ja noch, frag den Turm nach Radarvektoren zurück zur Piste 27.“ Hinter mir herrscht Hektik. Ich brülle „RUHE“ hinter mich – es wird ruhiger. Meine Crew kann wieder arbeiten. Der Flugingenieur hat nie damit aufgehört. Er teilt mir mit, daß weder Nr 1 noch 3 irgendwelche Lust zeigen, sich wieder zu bemühen. Zum Copiloten sage ich erstaunt, „es fliegt ja immer noch... wir steigen sogar.“ Der Veteran neben mir beginnt zum ersten Mal seit mehreren Minuten zu Grinsen. „Ich weiss“, sagt er, „ist mir auch mal passiert....“

Ich bitte ihn, uns die Landedaten zu errechnen und beginne mit dem Anflugbriefing. „ILS Anflug Piste 27 wie zuvor, Anflughöhe 900 Meter, wir halten 380 kmh bis auf 300 Meter mit manuellen Slats. Dann Klappen 15°, Endsetting. Über dem Middle Marker, auf meinen Befehl Fahrwerk raus. Durchstart: Auf V3 beschleunigen und sofort Klappen rein. Wenn das Fahrwerk draussen ist, gibt es keinen Durchstart mehr. Fragen?“ „Ok, versuchen wir’s.“ ist der Kommentar aus dem rechten Sitz. Hinter mir diskutiert man immer noch mit der Bodenstation. Wir sind mühsam auf 900 Meter (über Grund) gestiegen und drehen zurück in einen imaginären Gegenanflug in Richtung Vakarel NDB. Der Ingenieur gibt uns die Geschwindikeiten durch. Vref ist 300 kmh, ziemlich happig. Nun ja. Durch die Ausfälle haben wir nur noch ein Hydrauliksystem, was die Steuerung zu einer ziemlichen Würgerei werden lässt. Auch werden wir am Boden keine Schubumkehr mehr haben, nur Triebwerke 1 und 3 haben die und die sind ja kaputt. Durch das APU haben wir wenigstens genug Strom für alles. Hinter mir ist Ruhe eingekehrt. Radarvektoren gibt’s keine, der „Radar“ ist offenbar kaputt, Anlass für neue „Stimmung“ hinter mir. Was soll’s. Schliesslich kennen wir den Anflug eh auswending. Nach Vakarel drehen wir also nach links, schön vorsichtig, und fliegen Richtung ILS. Bei dieser Geschwindikeit geht das rabiat schnell. Eindrehen und absinken. Zum ersten Mal nehme ich den mittleren Gashebel etwas zurück. Der Ingenieur leiert von Hand die Vorflügel raus. Sofort muss ich wieder Gas geben. Mit 380 kmh rutschen wir den Gleitweg herunter. Beim Middle Marker fahren wir die Klappen aus, sofort verlässt das Flugzeug den Gleitweg nach oben... ein Glück. Denn als ich danach das Fahrwerk fahre, kann ich die Geschwindikeit von Vref 300 kmh kaum halten, ohne deutlich vor der Piste aufzusetzen. Mit Mühe und dem mittleren Gashebel am vorderen Anschlag erreichen wir den Pistenanfang. Die Landung ist, nun ja, interessant, aber jedenfalls deutlich. Ich latsche voll auf die Bremsen während der Rest der Crew alles weitere übernimmt. Aber die Bremse halten, was sie versprechen. Wir kommen noch vor dem letzen Rollweg zum Stehen.

Nun habe ich Zeit mich umzudrehen. „OK, wer von Euch Scherzkeksen hat das zweite Triebwerk ausgeschaltet?“, frage ich die dort versammelten Simulatoroperateure. Alle verneinen, das sei der Computer gewesen, und der sei kaputt. Ah so. Nun, wir verlassen den Simulator und klettern die Hühnerleiter, an der defekten Motionplattform vorbei, in den Computerraum herunter. Dort herrscht einige Hektik. Ein turnhallengrosser Raum, besetzt mit etwa acht Technikern, die sich im Quartett darum streiten, wer denn nun den Motor „versehentlich“ abgeschaltet hat. Dazwischen steht ein weiterer Mechaniker, der gerade den Plotter in seine Einzelteile zerlegt. Daher gab es also keine Radarvektoren.....

Dieser Simulatorflug fand in einem der noch funktionstüchtigen Full Flight Simulatoren der Tupolev 154 statt. Ich hatte grosse Erwartungen in diese Session gesetzt, denn ich wollte nun wirklich das Fluggefühl für diesen Vogel erleben. Wie oben zu sehen ist, erlebte ich weit mehr. Total fünf Stunden Simulator, zuerst Basisübungen, danach Flüge in allerlei Konfigurationen und mit verschiedenen Systemausfällen, manche geplant, andere nicht. Der Einblick in das Innenleben der Tupolev, den ich gleichentags noch auf der Ramp erhalte, rundet die Erfahrung ab. Zum Schluss aber erhalte ich aus den Händen des Chefs des Zentrums den wichtigsten Schatz: Komplette Flughandbücher für diesen Jet.

Fliegender Ferrari – made in the USSR
Die Tupolev 154M fasziniert mich seit einigen Jahren, genauer seitdem ich die Gelegenheit hatte, zwei Monate im Cockpit dieses russischen Ferraris der Transportfliegerei zu verbringen. Auch wenn die Strecke mehrheitlich aus Flügen zwischen Zürich und Skopje bestand, gewann ich doch Einblicke in die Operation dieses bekannten, und doch im Westen recht verkannten Flugzeuges, die recht einmalig waren.
Während dieser Zeit enstand der folgende Flugbericht, der Ihnen einen Eindruck über die Leistungsfähigkeit dieser Maschine geben soll. Ich bitte Sie, geehrte Leser aber – vor allem in Hinblick auf die Route – zu bedenken, daß der beschriebene Flug lange vor dem Kosovo Konflikt geflogen wurde, als noch keine Sperrzonen bestanden.

Einige wichtige Details der TU154 M

Die TU154 M ist die letzte produzierte Variante der weit verbreiteten, in der ehemaligen UdSSR entwickelten, TU 154 Serie. Von außen kann man sie leicht an der veränderten APU Auslassöffnung am rechten hinteren Heck erkennen, wogegen diese Öffnung bei der B2 Serie direkt über dem Mitteltriebwerk angebracht ist. Die M Variante ist, dank der neueren Triebwerke, wesentlich sparsamer und leiser als die Vorgängermodelle, sodaß sie nach der leisesten ICAO Stage III Richtlinie zertifiiert wurde. Die TU154 M unterscheidet sich im Weiteren von der B2 durch ein um 2000 Kg erhöhtes Startgewicht, dramatisch tieferem Treibstoffverbrauch, der ihr bei gleichem Tankinhalt wie der B2 eine Reichweite von, im Extremfall, 7000 Kilometer geben kann, einer moderneren Instrumentierung, die Landungen bei Categorie II Bedingungen zulässt, sowie einem GPS Navigationsgerät, das die Navigation mit einer extremen Genauigkeit erlaubt.

Die Kabine ist ein wenig altmodisch aber durchaus bequem eingerichtet, mit grosszügigen Galleys und vier geräumigen Toiletten. Als sehr sinnvoll hat sich die Teilung in eine vordere und eine hintere Kabine, geteilt durch die mittlere Galley. Die Raucher sitzen alle in der hinteren Kabine während die vordere, komplett abgeschlossen durch die Galley und zwei Vorhänge, eine wirklich rauchfreie Zone darstellt.

Die großen Stärken der TU154 M sind ihre Performance und ihre Zuladung. Die sieben Frachträume können enorme Gepäckmengen schlucken, was die TU154 auch zum begehrten Frachter – etwa für Edelmetalltransporte – werden läßt. Sie ist auch durchaus in der Lage 160 Gastarbeiter mit ihrem gesamten Gepäck aufzunehmen, wobei die meisten westlichen Flugzeugtypen mit ähnlichen Sitzplatzzahlen schnell an die Grenze stossen. Vom Gewicht her, vorausgesetzt daß nicht zuviel Reservetreibstoff mitgenommen werden muss, sind Zuladungen von bis zu 19’000 kilos zu bewältigen, dies entspricht in etwa 160 Passagieren plus 6’500 kilos Gepäck oder Fracht. Allerdings dürfen dann bei der Landung gerade 6’000 Liter in den Tanks verbleiben, was bei den Verbräuchen der drei Turbofantriebwerke nicht gerade üppig ist. Bis zum maximalen Startgewicht von 100’000 Kilo verbleiben allerdings immer noch 26 Tonnen für Treibstoff beim Start, was, nimmt man einen stündlichen Verbrauch von 6000 Kilo für die erste, 4000 Kilo für jede weitere Flugstunde an, eine Endurance von mehr als vier Stunden ergibt. Lädt man die vollen 42 Tonnen Treibstoff, die die Tanks fassen, ein, steigt die Endurance auf interkontinentale Werte an, allerdings können dann gerade mal 3’000 Kilogramm Nutzlast befördert werden. Mit mittlerer Zuladung von, sagen wir 140 Passagieren mit ihrem Gepäck und damit etwa 31 Tonnen Kerosin kann die TU154 M locker sechs Stunden fliegen und dabei 5000 bis 5500 km zurücklegen. Ein wahrlich flexibles Flugzeug. Wer der TU 154 nun lastwagenähnliche Leistungen zudenkt, hat weit gefehlt. Die Performance ist nur mit rasant zu umschreiben. Ein typischer Flug von Zürich nach Skopje und zurück soll das verdeutlichen.

Check In – Weight and Balance...

Beim Briefing am Mittag erfahren wir, daß wir 150 Passagiere und damit etwa 4’000 Kilos Gepäck haben werden. Unser Kapitän will in Zürich aber den gesamten Treibstoff für Hin- und Rückweg tanken, damit wir nicht den wesentlich teureren Sprit in Skopje bezahlen müssen. Pro Weg rechnen wir mit 8 Tonnen Verbrauch, für hin und zurück also 16 Tonnen. Bei den herrschenden Bedingungen müssen wir in Zürich noch eine Reserve von 6 Tonnen an Bord haben. Wir sollten also 22 Tonnen laden. Bei der Landung in Skopje dürfen wir jedoch nur 80 Tonnen wiegen. Es wird also relativ knapp, obwohl wir weit unter dem maximalen Startgewicht liegen. Schliesslich können wir nur 18 Tonnen tanken, wir werden also in Skopje nachtanken müssen. Als wir schliesslich die Türen schliessen, beträgt unser Startgewicht exakt 88 Tonnen.

Der Start der drei Triebwerke erfolgt durch den Flugingenieur und benötigt nur wenig Zeit. Danach rollen wir zur Piste 28. Pünktlich um 14 Uhr 30 setzt der Flugingenieur Startleistung. Als der Kapitän die Bremsen löst, spüren wir einen regelrechten Kick. Der Ingenieur überprüft die Motorinstrumente und meldet „Normalni Parametri“. Nach weniger als 20 Sekunden Startanlauf kann der Kapitän das Flugzeug bei 280 km/h rotieren, wir heben ab und steigen mit reichlich 13 Meter pro Sekunde, also mehr als 2500ft/Min.. Kaum sind die Räder vom Boden, befielt er „Chassis“, worauf das Fahrwerk eingezogen wird. In 500 Meter Höhe erfolgt die Leistungsreduktion auf „Nominal“, der maximalen Dauerleistung. Die Klappen werden stufenweise auf 15° danach auf 0° eingezogen. Als wir 5000 Fuß (1500m) passieren, dürfen wir direkt nach FUSSE abdrehen, einem Wegpunkt bei Füssen und den bayrischen Königsschlössern. Wir überfliegen den Bodensee in FL 200 (6000 Meter) und steigen weiter auf unsere Reisehöhe von FL370 (11’200 M).

Diese erreichen wir über den Alpen. Die Geschwindikeit hat auf Mach 0.84 zugenommen. Diese Leistung behalten wir bei, die Instrumente zeigen einen stündlichen Durchfluss von 1000kg pro Triebwerk. Seit dem Start haben wir etwa 3500kg verbraucht. Der Bodengeschwindigkeitsmesser zeigt 1000 km/h an. 50 Minuten nach dem Start überfliegen wir den Balaton See in Ungarn. Wegen Verkehrs auf unserer Höhe, den wir einzuholen drohten, wollte uns der Kontroller abbremsen. Stattdessen sind wir auf FL 410 (12’500 M) gestiegen, wo wir alleine sind und unsere Pferdchen laufen lassen können. Nach knapp 70 Minuten Flugzeit beginnen wir den Sinkflug in Richtung Skopje. Wir können bereits die Berge von Albanien und Mazedonien erkennen, sowie links voraus Teile des Rila Massivs in Bulgarien. Da Skopje abfliegenden Verkehr hat, werden wir über Budisavci (Pec) und Tetovo geführt, bevor wir anfliegen dürfen. Über der Stadt Skopje bekommen wir Bewilligung zum Direktanflug. Aus 13’000 Fuss sinken wir steil ab auf den Gegenanflug zur Piste 34. „Petneisset“ befielt der Kapitän und die Klappen gehen auf 15°. Das Fahrwerk ist bereits ausgefahren. Wir drehen leicht südlich des Platzes in den Endanflug. „Tschetiriset i pet“ lässt die Klappen auf 45° ausfahren und wenig später setzen wir butterweich auf. Die Triebwerke 1 und 3 werden in Reverse geschaltet und verzögern die Geschwindikeit drastisch. Die 2500 Meter der Landebahn genügen bei weitem – 500 Meter vor Bahnende drehen wir um 180° und rollen zurück auf den Apron. Wir haben 8000 Kilogramm Kerosin verbraucht, es bleiben uns 10 Tonnen für den Rückflug, das ist zu knapp. Am Standplatz angekommen, bestellen wir beim Tankfahrzeug 4 Tonnen. Die Flugzeit betrug eine Stunde und 35 Minuten. Normalerweise daurert dieser Flug 2 Stunden. Daher werden wir über eine Stunde Bodenzeit haben.

Während des Aufenthalts wird die Kabine gereinigt. Der Bodenangestellte unserer Gesellschaft bringt einen ganzen Plastiksack Kirschen an Bord. Wir lassen es uns schmecken. Bevor die Passagiere kommen gehen wir noch kurz ins Terminal. Wir wollen Fruchtsaft einkaufen, den es in der Schweiz nicht gibt, ein Gemisch aus Blaubeer- und Apfelsaft.

Ein „Rennen“ gegen die Uhr

Zurück an Bord erfahren wir, daß wir 160 Passagiere, 15 Babies und etwa 3 Tonnen Gepäck haben. Dies bringt unser Startgewicht auf 84 Tonnen. Wir schliessen die Türen und werden vom Terminal zurückgestossen. Die Zeit ist 1750 als wir die Triebwerke anlassen. Dann der Hammer vom Kontrollturm: unsere ATC Freigabe lautet wie folgt: „..... 653, cleared to Zürich via Tetov Departure climb to Flightlevel 280. Pass TETOV at FL 200 or above and your slot at BABIT point before 30 past the hour.“ Zu Deutsch heißt dies, wir sollen der Abflugroute über Tetovo folgen, dort mindestens 6000 Meter hoch sein, danach auf 8400 Meter steigen und den Wegpunkt BABIT vor 18:30 Uhr überfliegen. Das wird äußerst knapp, denn das TETOV Departure führt in einer Rechtskurve erst mal in die falsche Richtung, damit ist die Zeitbeschränkung, den 500 km entfernten BABIT in 30 Minuten zu erreichen praktisch unmöglich einzuhalten – es sei denn, wir schneiden etwas Weg ab. Eine direkte Linkskurve nach TETOV würde etwa 25 km sparen, dann müssten wir aber rund 6000 Meter in 9 Minuten steigen um den Punkt in den verlangten 6060 Metern Höhe zu überfliegen. Das setzt Steigen von über 11 Meter pro Sekunde voraus. Der Kapitän lacht nur. „Wenn’s weiter nichts ist...“ Wir erbitten vom Turm die Freigabe „Linkskurve nach Sicht nach TETOV“ und erhalten diese, gleichzeitig mit der Startfreigabe.

Um 1758 lösen wir die Bremsen. Mit Maximalleistung beschleunigen wir auf der Piste 34. Mit 280 km/h heben wir ab. Kaum sind die Räder vom Boden zieht der Kapitän das Fahrwerk ein und legt die Maschine in eine 30° Kurve. Das muss man erlebt haben!
Obwohl die Flügelspitze dem Boden nie näher als 50 Meter kommt sieht es aus dem Cockpit sehr beeindruckend aus. Wir nehmen Kurs auf Tetovo und steigen mit maximaler Triebwerkleistung und Steiggeschwindigkeit.

Das Variometer bewegt sich um 16 M/S, wir haben einen Anstellwinkel von gegen 22°. 18 km von Skopje weg passieren wir 3000 Meter. Dort setzen wir „NOMINAL“ . Mit 12 M/S steigen wir weiter und passieren TETOV auf 6600 Metern. Wir nehmen Kurs auf Budisavci und erbitten den Steigflug auf 12000 Meter. Belgrad fragt uns nach der geplanten Mach Nummer auf FL390 worauf wir mit 0.85 antworten. Wir werden augenblicklich freigegeben. Als wir 10000 Meter überfliegen bittet uns der Controller auf FL410 (12500m) weiterzusteigen damit wir unsere Geschwindikeit halten können. Unser GPS errechnet nach Ankunft auf dieser Höhe eine Überflugszeit von BABIT von 1833. Wir fliegen nun nahe der maximalen Machnummer von 0.86. Der Bodengeschwindikeitsmesser des Dopplerradars zeigt 1100 km/h an, das GPS rechnet mit einer Überflugszeit von 1832, 31 schliesslich 30. Wir haben Valevo überflogen und bekommen Freigabe direkt nach BABIT. Um 1829 hat die Hetzjagd ein Ende: Wir überfliegen BABIT und werden an Budapest Control weitergereicht. Der dortige Controller wundert sich nicht schlecht über unsere Geschwindikeit und Höhe, ist er unter dieser Flugnummer doch normalerweise eine Caravelle gewohnt. Wir reduzieren jetzt die Fahrt auf zivilere 950 Km/h und damit auf einen akzeptablen Kerosinverbrauch. Das Rennen nach BABIT hat uns eine glatte Tonne Treibstoff mehr gekostet. Über Graz nehmen wir mit Wien Kontakt auf, das uns auf dieser Höhe weiterfliegen lässt. In der Nähe von Innsbruck verlassen wir sie schliesslich und beginnen den Sinkflug. Auf dem Radar und auch mit dem Auge sind gewaltige Gewittertürme zu erkennen. Links unter uns sehe ich eine BalairCTA MD87, die ebenfalls die Wolkentürme umfliegt. Für einige Zeit fliegen wir in Sichtkontakt dann verschwindet die Maschine nach hinten. Mit einiger Kurverei weichen wir den schlimmsten Zellen aus und bleiben immer in Sichtflugbedingungen. Zürich reagiert äusserst gelassen auf unsere Kurswünsche und erlaubt uns das Absinken in turbulenzfreier Luft ausserhalb der Wolken. Schliesslich drehen wir einiges zu hoch und schnell auf die ILS 14 ein. Wieder benutzen wir Fahrwerk und Landeklappen, sowie die sehr wirksamen Bremsklappen, und sind trotz der besorgten Anfrage des Kontrollturms bei stetem Sichtkontakt mit der Piste bei 10 Kilometern Distanz voll etabliert. Die Landung beschliesst einen Flug, der eine Stunde und 50 Minuten gedauert hat. Auf dem Abstellplatz I5 stellen wir die Triebwerke um exakt 20:00 Uhr ab. Wir haben 10 Tonnen verbraucht, es verbleiben 4’000kg in den Tanks.

Während der Tupolev Zeit flogen wir etliche Einsätze mit Doppelrotationen und jeden Samstag eine „Zugabe“ nach Catainia. Die Passagiere genossen den Flug und vor allem das offene Cockpit während des Reisefluges. Der Applaus nach der Landung in Catainia oder Genf war uns Lohn für unser Anstrengungen ein russisches Flugzeug gut an Schweizer Touristen zu verkaufen. Diese Rotation ZRH-SKP-ZRH-GVA-CTA-GVA war meist auch dienstzeitmässig an der Grenze, doch meist schafften wir sogar noch den Ferry Flug von Genf nach Zürich. Der erste davon erfolgte bei katastrophalen Wetterbedingungen und war ein Abenteuer für sich. Wegen einer Verspätung starteten wir in Genf nach einer extrem kurzen Rollzeit mit gegen 270 km/h um 21.31 gegen Westen, was einen Umweg bedeutet. Die Steigleistung der fast leeren Maschine brachte uns in weniger als 2 Minuten auf 7000 fuss und die ATC wusste dies mit direkten Freigaben nach Wilisau zu belohnen. Capt. Vitkov hatte FL 210 verlangt, ungewöhnlich hoch für ein so kurzes Leg, schlußendlich führte dies zu einer fast parabelförmigen Flugbahn. Mittels Radar steuerte er unsere LZ-MIS an den extremsten CB’s vorbei in Richtung EKRON. Wegen der Nachtflugsperre mussten wir Zürich vor 2200 erreichen. Der Approachcontroller liess uns freie Fahrt und so sassen wir um 21:52 mit 300 Knoten bei 8 Meilen im Final auf die Piste 14. Das Abbremsmanöver mittels Fahrwerk, Spoilers und Klappen erfolgte bei etwa 5 Meilen und schliesslich setzten wir um 21:58 auf. Eine Swissair F100, die kurz vor uns in Genf gestartet war, landete als wir soeben den Crewbus bestiegen – wir hatten sie bereits vor Fribourg überholt.

Alles in Allem war die Tupolev Erfahrung eine durchaus positive. Der schlechte Ruf der russischen Flugzeuge ist oft auf äussere Einflüsse wie schlechte Wartung oder undisziplinierte Besatzungen zurückzuführen. Mir hinterliess die TU154 M einen ausgesprochen robusten Eindruck, ein Sportwagen mit Panzerung sozusagen. Technisch kann sie vor allem im Bereich Elektronik keinesfalls mit den neuesten Westfliegern mithalten, ist aber auf Strecken mit guter Auslastung durchaus gewinnbringend einsetzbar.

Ein wesentliches Plus ist die Performance, die einen in zeitkritischen Momenten unterstützt und es möglich macht, ATC Slots und sonstigen Restriktionen gelegentlich ein beeindruckendes Schnippchen zu schlagen.

Ein Wunsch nimmt Form an

Nach der Erfahrung im Flugzeug hatte ich schnell einmal den Wunsch, dieses Flugzeug für den Microsoft Flugsimulator nachzubauen. Dies wurde allerdings erst mit Flugsimulator 98 realistisch möglich, der zum ersten Mal die Möglichkeit gab, Panels mit vernünftigem Aufwand zu erstellen. Mit der Hilfe von Chuck Dome bei den Gauges und der grosszügigen Erlaubnis von Stamatis Vellis, sein Grundmodell für die Boeing 727 als Ausgangslage für die TU zu benutzen, begann ich eine Konstruktion, für die ich maximal einen Monat Hobbyzeit veranschlagte. Schlussendlich wurden 2 Jahre daraus. Allein das Handbuch nahm fast 6 Monate in Anspruch, da all die Flugdaten erst aus dem Russischen übersetzt werden mussten. Meine Frau Ina war mir dort eine unentbehrliche Hilfe! Auch meine Freunde bei Air Via sahen meinen Photoausflügen (praktisch täglich) mit grosser Belustigung und Hilfsbereitschaft zu und halfen wo sie konnten. Speziell die Konstruktion des Autopiloten war eine Höllenarbeit, denn das Ding hat wirklich nichts mit einem Autopiloten westlicher Art zu tun...

Als das Projekt bereits abgegeben war, kam der Wunsch des Produzenten, wir möchten doch noch ein 15 minütiges Video drehen..... gesagt getan. In einem einzigen Nachmittag wurde der „Dokumentarfilm“ in drei verschiedenen Flugzeugen der Air Via gedreht, wobei der „Kameramann“ für die Cockpitsequenzen normalerweise als Kapitän fungiert!

Das Produkt ist in der Zwischenzeit bei Pilots und den Associates erschienen, beiden herzlichen Dank für den Mut, mal ein „anderes“ Flugzeug portraitieren zu wollen. Ein Handbuch, welches ich zum Zeigen an Bord einer Air Via Tupolev nahm, wurde dort gleich „beschlagnahmt“ und liegt nun als Quick Reference auf dem Flugzeug auf...... „Finally we have it in English“, so der Kommentar des „Buchnappers“... Einmal eine „Enführungsaktion“ die mich von Herzen freut, denn wenn selbst die Piloten der echten TU mein Handbuch gut genug finden, um es im täglichen Gebrauch einzusetzen, dann ist dies wohl die beste Bestätigung für die zwei Jahre Arbeit, die ich in dieses Projekt investiert habe.

Urs Wildermuth

 

 
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Last modified: Januar 14, 2008